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1. Proceedings of the XXIII World Congress of Philosophy: Volume > 1
Francesca Iannelli Hegels Deutung der griechischen Skulptur
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Es ist bekannt, dass Hegel das reine, unbefleckte Weiß der griechischen Statuen preist. Er befindet sich dabei im Einklang mit den Theorien Winckelmanns, die in der Folge von angesehenen Kunstwissenschaftlern widerrufen wurden. Es ist allerdings ein immer noch ziemlich verbreitetes und fest verwurzeltes Vorurteil, dass Hegel in seiner Begeisterung für die Klassik verblendet gewesen sei und sich nicht über die Studien auf dem Laufenden gehalten habe, die sich in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts mit der reichen Farbenvielfalt der griechischen Kunst beschäftigten. Dieser Beitrag soll aufzeigen, dass Hegel in einer Phase der Unsicherheit die Polychromie radikal ablehnte, aber nicht, weil er nicht davon gewusst hätte, sondern weil sie ihm nicht angemessen für den Begriff der Skulptur erschien. Er sah die Skulptur als Materialisierung dessen, was ewig und substanziell ist, nämlich der vielfältigen Gottheiten des griechischen Pantheons. Es sind insbesondere die Berliner Vorlesungen, die beweisen, dass Hegel die revolutionären Studien des Franzosen Quatremère de Quincy bekannt waren. Er wies jedoch kategorisch zurück, dass die Farben des Lebens die idealen Gestalten der schönen Gottheiten mit ihrem teilnahmslosen Blick belebt hätten, da die Götter nicht bis zur Schwelle der Subjektivität mit ihren Widersprüchen, ihren Schatten und Nuancierungen vordringen sollten, wie es später in der christlichen Malerei erfolgte.
2. Proceedings of the XXIII World Congress of Philosophy: Volume > 1
Obert Mathias Leibliche Mimesis in der Kunsttheorie
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In herkömmlichen Theorien zur künstlerischen Mimesis findet die Frage nach dem Ursprung des mimetischen Vermögens im Menschen keine befriedigende Antwort. Dieser Beitrag versucht zu zeigen, welche Bedeutung neben der anschaulichen Gestaltnachahmung einer „leiblichen Mimesis“ für das Verständnis künstlerischer Produktion wie ästhetischer Rezeption zukommt. Selbst die Figuration der Malerei ist ursprünglich zu begreifen als eine mimetische „Bewegungsgestalt“; sie entspringt zuerst in einer leiblichen Verwandlung in der Zeit, noch bevor sie ihren Niederschlag in einer sichtbaren Gestalt, der mimetisch-künstlerischen Figuration, findet. Ein paradigmatisches Verständnis von leiblicher Mimesis lässt sich anhand einer leibphänomenologisch sensibilisierten Lektüre wegweisender Bemerkungen von Autoren wie Fiedler, Nietzsche, Benjamin und Adorno, sodann anhand des Werkes von Künstlern wie Paul Cézanne und Willem de Kooning entwickeln.
3. Proceedings of the XXIII World Congress of Philosophy: Volume > 10
Clélia Aparecida Martins Habermas: Erkenntniskritik und Sprache
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Für den frühen Habermas ist die Erkenntniskritik nur als Gesellschaftstheorie möglich. Die Erkenntnisprozesse werden geregelt von den Interessen (das Technische, das Praktische, das Emanzipatorische), die anthropologisch verwurzelt und durch die Naturgeschichte der menschlichen Spezies erklärbar sind, und –im Falle des Emanzipatorischen– auch durch die Sozialgeschichte. In den Werken vor Erkenntnis und Interesse diskutiert Habermas, obwohl er in Texten hier und da die Wissenschaftskritik aufrechterhält, viele andere Aspekte der heutigen Epistemologie, sodass er die Interessentheorie aufgibt. Er beabsichtigte dann eine Ausarbeitung der Diskurstheorie und entwickelt dazu in den siebziger Jahren eine auf der universellen Pragmatik beruhende Theorie der Wahrheit als Konsens. In Bezug auf das Thema „Spra-che und Erkenntnis“ befinden wir uns nicht vor einem linearen Denken, und die zu beantwortende Frage ist, warum Habermas die anfänglichen Formulierungen aufgegeben hat, um eine erste Theorie der Wahrheit als Konsens zu errichten, und schließlich in neueren Texten –ausgehend von den Diskussionen zur rationalen Annehmbarkeit– die wissenschaftliche Wahrheit mit der Problematik des „Naturalismus“ behandelt sowie die Frage nach seiner Bedeutung, um das Problem der Objektivität der Erkenntnis und der Rationalität selbst, welche die menschliche Spezies kennzeichnet, zu verstehen.
4. Proceedings of the XXIII World Congress of Philosophy: Volume > 64
Suzana Alpsancar Koennen und Sollen in der Moderne: Vergleich technikkritischer Argumentationslinien am Beispiel von Hannah Arendt und Arnold Gehlen
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In der moderne setzen sich eine Reihe von Autoren kritisch mit der technischen Entwicklung auseinander. Häufig verbindet sich daher eine analytische Sicht auf Technik mit einer “diagnostischen” Einschätzung der eigenen Zeit, welche in der Regel über einen historischen Rückblick dargelegt wird. Im Rahmen eines größeren Projektes wird dem Verdacht nachgegangen, dass sich dieser technikkritische Diskurs aus einer Reihe von Argumentationslinien zusammensetzt, die anthropologisch, geschichtsphilosophisch, wissenschaftshistorisch, zeitdiagnostisch und normativ verfahren. An dieser Stelle sollen zentrale Aspekte der Argumentationslinien von Hannah Arendt und Arnold Gehlen verglichen werden. Beide Autoren operieren in ihren Untersuchungen zur (modernen) Technik interessanterweise auf zwei Ebenen: einer begrifflich-analytischen (anthropologischen) sowie auf einer historisch-normativen Ebene. Bezogen auf ihre Zeitdiagnose lassen sich einige Ähnlichkeiten feststellen von denen ausgehend hier geprüft werden soll, auf Basis welcher theoretischer Voraussetzungen und Figuren sie zu der jeweiligen Einschätzung gelangen. Während Gehlen von seinem Interessen an den “Wesenseigenschaften” des Menschen zur Technik kommt, scheint es bei Arendt anders herum zu sein – weil sie sich für die Frage interessiert, was wir tun, wenn wir tätig sind, sieht sie sich auf eine grundlegende Bedingtheit der menschlichen Existenz zurück geworfen.
5. Proceedings of the XXIII World Congress of Philosophy: Volume > 64
Sebastian Harrach Transklassischer Zugang zu Nichtwissen mittels maschinellem Lernen
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Maschinell lernende Artefakte werden in einer Vielzahl von Kontexten eingesetzt, in denen Konstellationen von Eingabereizen eine bestimmte Regelmäßigkeit aufweisen oder aufweisen könnten. Diese Reize werden über Autoadaptionsprozesse mit Reaktionen verknüpft. Reiz-Reaktion-Verknüpfungen dieser Art können sehr komplexe Kausalstrukturen abbilden oder Strukturen in großen, ungreifbaren Datenmengen identifizieren. Die notwendigen Prozessschritte sind jedoch meist extrem komplex und zumindest für menschliche Nutzer nicht mehr transparent. Eine Steuerung der Autoadaptionsprozesse solcher Artefakte ist entsprechend nur sehr indirekt über eine starke Vorstrukturierung oder gar nicht möglich. Eine Vorstrukturierung ermöglicht den Einsatz von maschinellem Lernen als transklassische Informationstechnik für die Lösung von Optimierungsproblemen. In Fällen, in denen eine Steuerung nicht möglich ist oder erwünscht, ist ein anderes Potenzial maschinell lernender Artefakte erkennbar. Dieses besteht in der Fähigkeit zur Entdeckung von interessanten und bisher unbekannten Strukturen, die den Nutzer zur Formulierung bisher unbekannter Konzepte befähigen können. Entdeckend eingesetztes maschinelles Lernen ermöglicht einen Umgang mit Nichtwissen und kann für die Erschließung eines neuen Raums technischen Handelns eingesetzt werden. Diese Technik wird in diesem Beitrag herausgearbeitet und als Welttechnik beschrieben.
6. Proceedings of the XXIII World Congress of Philosophy: Volume > 39
Cornelia Eşianu Das Ding und die Poesie bei Friedrich Schlegel
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Einer der Grundzüge des philosophischen Denkens von Friedrich Schlegel (1772-1829) ist sein Plädoyer für die Verbindung von Poesie und Philosophie. Poesie als Kunst ist für ihn ein Bedürfnis der Philosophie, da diese es von sich aus nicht leiste, das Wirkliche zu erkennen. Poesie stellt für ihn das Zentrum des Realismus dar. So erachtet er es für notwendig, bei der genetischen Konstruktion der Welt (der Kosmogonie) das Höchste, das Welt-Ich, wie er es nennt, als „ein lebendiges, werdendes“ zu denken, „damit es nicht durch die philosophische Nachbildung in ein Ding verwandelt werde und wir nicht ein totes beharrliches Weltall erhalten“. Was ist „das Ding“ in Schlegels Sicht und welche „Gefahren“ verbirgt es, dass der Autor darüber den Stab bricht? Macht er dadurch den Weg frei für die Inszenierung der Poesie, jener Kunst, von der Kant meinte, es gehe darin „alles ehrlich und aufrichtig“ zu? Was ist aber Poesie und welche Rolle genau wird ihr im philosophischen Entwurf Schlegels zugeteilt? Mein Beitrag geht diesen Fragen nach und untersucht das Verhältnis der beiden im Titel erwähnten Konzepte, nicht zuletzt aus der Perspektive ihrer Relevanz für das Denken des deutschen Romantikers.
7. Proceedings of the XXIII World Congress of Philosophy: Volume > 47
Rolf Elberfeld Kultur oder Kulturen?: Überlegungen zum Ausgangspunkt der Kulturphilosophie
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Der moderne Begriff der „Kultur“ entwickelte sich im 18. Jahrhundert in Europa. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Wort „Kultur“ als Singularetantum verwendet für die kulturelle Entwicklung der gesamten Menschheit. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verbreitete sich der Plural „Kulturen“ mit dem Singular „Kultur“ im Sinne einer einzelnen Kultur in den Geisteswissenschaften. Für die Kulturphilosophie ist zu fragen, ob diese auf dem Begriff der „Kultur“ als Singularetantum oder dem Begriff der „Kulturen“ aufzubauen ist.
8. Proceedings of the XXIII World Congress of Philosophy: Volume > 54
Kyriakos N. Kotsoglou Ist die Menschenwürde antastbar? Psssst ... Unter Umständen: Ja. Zu einer kontextualistischen Auflösung der Menschenwürdeparadoxie
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Die hier behandelte Problematik betrifft die Rechtsprechung des deutschen Bundesverfassungsgerichts, das neulich zur Moralskepsis gelangen zu sein scheint. Diese Skepsis besteht in dem Tenor des Urteils, das Art. 14III des Luftsicherheitsgesetzes für nichtig erklärte, so dass z.B. ein von Terroristen gekapertes Passagierflugzeug unter keinen Umständen abgeschossen werden darf – selbst wenn es gegen ein Atomkraftwerk fliegt. Die Menschenwürdegarantie erhebe dem Bundesverfassungsgericht nach einen Absolutheitsanspruch: Sie sei folgenindifferent. Dies führt dazu, dass der Staat, der den Schutz der Menschenwürde gewährleistet, passiv zuschauen soll, wie er im Namen der Menschenwürde vernichtet wird. Im Anschluss an Michael Williams wird eine theoretische Diagnose der Menschenwürdeparadoxie geliefert, indem die theoretischen Vorannahmen, worauf dieser Absolutheitsanspruch beruht, aufgedeckt werden und sich als unhaltbar erweisen.
9. Proceedings of the XXIII World Congress of Philosophy: Volume > 6
Denis Walter Brotherly Love and Cosmopolitism in Michael Psellos’ philosophy
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The first results of my Phd-thesis regarding Michael Psellos’ practical philosophy, namely his approach on brotherly love and cosmopolitism. I will analyze passages from several texts and present first translations. Secondly I will put his arguments in context with the classical pagan, late antique and Christian ways of understanding virtue, cosmopolitism and brotherly love as well as work out his proper innovation. Michael Psellos is representative for the byzantine way of thought and its unique mixture that just begins to be analyzed by modern scholars.
10. Proceedings of the XXIII World Congress of Philosophy: Volume > 61
Markus Wirtz Religiöser Pluralismus als philosophische Herausforderung: Erwägungen im Anschluss an John Hick und Immanuel Kant
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Eine der pointiertesten Thesen zur Problematik der religiösen Diversität hat John Hick mit seinem religionstheologischen Pluralismus formuliert. Für Hick teilen die verschiedenen Religionen sowohl den gemeinsamen Ausgangspunkt bei der menschlichen Erlösungsbedürftigkeit als auch die Bezugnahme auf eine als solche unerkennbare transzendente Realität, die Hick als „The Real“ bezeichnet. Für die Differenzierung zwischen den kulturell divergierenden Religionsformen und der transzendenten Wirklichkeit des Göttlichen hat Hick methodische Anleihen bei der kantischen Unterscheidung zwischen phänomenaler und noumenaler Sphäre gemacht, die sich aus mehreren Gründen als problematisch erweisen. Der religiös lebende Mensch kann sich die Position des religiösen Pluralismus im Sinne Hicks nicht zu eigen machen, ohne den Wahrheitsanspruch seiner Religion auf eine Weise zu relativieren, die ihre Ausübung nahezu verunmöglicht. Aus diesem Grund ist der religiöse Pluralismus Hicks letztlich nicht dazu geeignet, der kognitiven Herausforderung, die in der Koexistenz divergierender religiöser Wahrheitsansprüche besteht, angemessen zu begegnen. Eine religionsphilosophische Theorie religiöser Pluralität sollte sich demgegenüber von der kantischen Dreiteilung des menschlichen Vernunftvermögens in theoretische und praktische Vernunft sowie Urteilskraft inspirieren lassen und religiöse Positionen zu Welt- und Gottesbildern, ethischen Normen und mystisch-ästhetischen Erlebnissen hinsichtlich ihrer möglichen Konvergenz oder Divergenz analysieren.
11. Proceedings of the XXIII World Congress of Philosophy: Volume > 69
Roberta Pasquarè Die Harmonie der Antike und der Antagonismus der Moderne: Das antityrannische Denken im Wandel
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In diesem Beitrag soll systematisch untersucht werden, wie in der Moderne der Begriff der Tyrannis umgedeutet wird, und wie die moderne Auffassung der Tyrannis mit der Aufwertung des Antagonismus zusammenhängt. Von der Antike bis zum Spätmittelalter wird die tyrannische Herrschaft über die durch sie selbst herbeigeführte Auflösung des Staates definiert: Als tyrannisch gilt die Regierung, die jene in der Antike als normativ gesetzte und im Mittelalter als gottgegeben aufgefasste Harmonie des Gemeinwesens zerstört. In der Moderne gelten dagegen alle Regierungen als tyrannisch, die das Individuum bei oder gar in der Entfaltung seiner Talente und Eigenschaften hindern. Diese neue Begriffsbestimmung gründet auf die Aufwertung der Antagonismen als Bestandteile der menschlichen Natur und zugleich als Triebfeder des staatsrechtlichen Fortschritts. Die neuzeitliche Aufwertung der Antagonismen und das mit ihm zusammenhängende Primat der individuellen Freiheit haben zur Folge, dass vom Staat die Fähigkeit gefordert wird, die aus der Entfaltung der individuellen Freiheit entstehenden Antagonismen anzuerkennen. Erst in der Moderne wird nämlich der Anspruch zur Geltung gebracht, einen staatsrechtlichen Raum zu gestalten, der Antagonismen ohne Schmälerung der individuellen Freiheit zu regeln vermag.
12. Proceedings of the XXIII World Congress of Philosophy: Volume > 69
Nazile Kalaycı Die Öffentlichkeitsfunktion des Chors in der antiken Tragödie
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Die Idee einer rationalen Öffentlichkeit, die als Bedingung jeder repräsentativen Demokratie gilt, wird heute einer immer heftiger werdenden Kritik unterzogen, sodass für eine Neu-Organisation des Gesellschaftslebens eine neue Idee der Öffentlichkeit notwendig geworden ist. Statt bzw. neben einem homogenen Öffentlichkeitsbegriff, der auf dem Staatsbürger beruht, sollte durchaus die Möglichkeit einer auf Multitude beruhenden kollektiven Öffentlichkeit untersucht werden, was auch zur Diskussion hinsichtlich einer „absoluten Demokratie“ beitragen könnte. In diesem Beitrag wird, ausgehend von der Antigone des Sophokles, die Funktion des Chors in der klassischen Tragödie behandelt und in Erwägung gezogen, inwieweit diese Funktion für die Entwicklung einer neuen Idee der Öffentlichkeit fruchtbar gemacht werden könnte. Dabei soll ersichtlich werden, dass eine solche Untersuchung des Chors mit all seiner Betonung des Konflikts, der Unbestimmtheit, der Kontingenz, gewisse Möglichkeiten in sich birgt, ein Verständnis der Politik zu transformieren, das auf Leitbegriffen wie Konsens, Ordnung, Notwendigkeit beruht und meist in Herrschaft endet. Ein von den heutigen Bedingungen ausgehender Ansatz zur Untersuchung der Funktion des Chors, dessen tragischer Aspekt in den Werken des Euripides mit Hilfe eines deus ex machina verwischt wurde, kann zu einem Begriff der Politik beitragen, der es ermöglicht, dass sich das Politische und das Tragische treffen und eine poetisch-feminine Idee der Öffentlichkeit entwickelt werden kann. Dieser neue Ansatz einer Untersuchung der Öffentlichkeitsfunktion des antiken Chors und deren Bedeutung für die heutige Politik werden in diesem Beitrag ausgearbeitet.
13. Proceedings of the XXIII World Congress of Philosophy: Volume > 69
Toros Güneş Esgün Die Politik als Emanzipation: Ein Kommentar zur Antigone aus der Sicht Rancières
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Die Frage, wie man das Politische definieren kann, ist eine der wesentlichen Fragen der gegenwärtigen politischen Philosophie: Was macht eine Handlung oder eine Idee „politisch“ oder „unpolitisch“? Um diese Frage zu beantworten, muss zunächst bestimmt werden, was das Politische von der Politik unterscheidet. Seit Carl Schmitt gibt es verschiedene Kriterien für diese Unterscheidung. Letztlich hat Jacques Rancière „das Politische“ als Antagonismus zwischen Politik und Polizei definiert und behauptet, ähnlich wie der Ansatz der politischen Anthropologie, dass die Politik außerhalb des Staates möglich ist. In diesem Zusammenhang ist Sophokles’ Tragödie Antigone problematisch, denn es gibt zahlreiche Kommentare, die Antigones Handeln „unpolitisch“ nennen. In diesem Beitrag werde ich versuchen zu zeigen, dass Antigones Position nicht „unpolitisch“ genannt werden kann. Am Schluss werde ich aus der Sicht Rancières erläutern, warum Antigones Handeln „politisch“ ist und wie Politik als Emanzipation und Gleichheit möglich sein kann.
14. Proceedings of the XXIII World Congress of Philosophy: Volume > 7
Ulrich Fritz Wodarzik Versuch zur philosophischen Rechtfertigung der christlichen Trinität
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Die Trinitätslehre hat ihren Ursprung im griechischen Denken, christliche Elemente befinden sich bereits bei Platon.1Mit dem Neoplatonismus erfolgte eigentlich die geistesgeschichtliche Wende zum Christentum. Damit ist prinzipiell gemeint, dass das Naturdenken sich immer mehr zum Geistesdenken transformierte. Die philosophische Rechtfertigung der christlichen Trinitätslehre (Vater, Sohn, Geist) durch die trinitarische Ontologik, die uns Platon und der Neoplatonismus hinterlassen hat und von Hegel weiter entwickelt wurde, ist das Ziel dieser Arbeit. Vater als das Allgemeine, Sohn als das Besondere - und der Geist als die Einzelheit der Idee Gottes. Die Systematisierung des spätantiken Neoplatonismus erfolgte durch Proklos mit seinem dynamisch-zyklischen Dreischritt: μονή-πρόοδος-έπιστρoφή.2 Diese Trias bedeutet Insistenz, Existenz, Reinsistenz.
15. Proceedings of the XXIII World Congress of Philosophy: Volume > 72
Sebastian Bandelin Anerkennen als Erfahrungsprozess
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Die Theorie der Anerkennung gilt gegenwärtig als einer der zentralen Ansätze für die Weiterentwicklung und normative Grundlegung kritischer Gesellschaftstheorie. In dem vorliegenden Beitrag will ich in Auseinandersetzung mit zentralen Schwierigkeiten der Konzeption Honneths zeigen, inwiefern ein an der Sozialphilosophie des Pragmatismus orientierter Begründungsweg weiterführend sein kann, um die damit verbundenen Ansprüche auch tatsächlich einlösen zu können. Weil in Honneths Theorie das positive Selbstverhältnis, das über Formen wechselseitiger Anerkennung gesichert und stabilisiert werden soll, allein selbstbezüglich gefasst ist, droht gleichgültig zu werden, in welchen sozialen Kontexten ein solches Selbstverhältnis konkret erzeugt wird. Die anerkennende Bestätigung dieser Selbstverständnisse, mag dann, weil sie bestehende Erwartungshaltungen erfüllt, die psychische Integrität der Adressaten schützen, sie bestätigt jedoch in diesem Falle auch die bestehenden Machtverhältnisse, in deren Rahmen sie ausgebil-det wurden. Im Rahmen eines pragmatistischen Ansatzes ist Anerkennen stattdessen nicht als Bestätigung vorgängiger Identitätsansprüche, sondern als ein sozialer Prozess zu verstehen, in dessen Verlauf bestimmte praktische Selbstverhältnisse realisiert, als realisierte durch ihre sozialen Folgen in eine Krise geführt, vor diesem Hintergrund kritisch reflektiert und schließlich überwunden werden. Erst auf der Grundlage einer solchen wechselseitigen Kritik können sich die Akteure über ihre handlungsleitenden Grundannahmen und Dispositionen aufklären. Der Begriff gelingender Anerkennung muss sich dann darauf beziehen, wie dieser Prozess der Erfahrung, in dem bestehende Selbstverständnisse und institutionell stabilisierte Handlungsformen hinterfragt und neu gebildet werden, in sinnvoller Weise organisiert werden kann. Während zudem in der honnethschen Konzeption legitime Sozialkritik an gesellschaftlich etablierte Kriterien des Anerkennens gebunden bleibt, können diese Kriterien in dem vorgeschlagenen begrifflichen Rahmen in dem Maße problematisiert werden, in dem sie die Weiterentwicklung eines so verstandenen Erfahrungsprozesses blockieren.
16. Proceedings of the XXIII World Congress of Philosophy: Volume > 8
Aglaia Blioumi Interkulturelles Philosophieren im Spätkapitalismus: Zum Problem der Hybridität
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Interkulturalität und Hybridität haben sich nach dem cultural turn in den Geisteswissenschaften als Schlüsselkategorien innerhalb vieler Disziplinen etabliert. In diesem Beitrag stellt sich unweigerlich die Frage nach dem Stellenwert der Hybridität im Kontext der Interkulturellen Philosophie. Kann schließlich das hybride Paradigma, das strukturelle Ähnlichkeiten zum interkulturellen Philosophieren aufweist, die Grundlagenreflexion des Forschungszweigs fördern? Um obige Fragestellungen zu beantworten, werden im ersten Teil des Beitrags die wichtigsten Eckpfeiler Interkultureller Philosophie kurz dargestellt und anschließend die Strukturanalogien zwischen Hybridität, Spätkapitalismus und Interkulturalität problematisiert. Meine These ist dabei, dass das hybride Prinzip des Sowohl-als-auch andere Formen der Wissensproduktion hervorhebt und ein verändertes Verhältnis zur Differenz herstellt, da Prinzipien wie Singularität und Totalität nicht nur ins Schwanken geraten, sondern verflüssigt werden, zumal von der Dynamik der Vermischung ausgegangen wird. Gerade die Interkulturelle Philosophie, die durchaus ein verändertes Verhältnis zur Differenz hat, kann sich von der Untersuchung der Hybridität als Verwertungskonzept des Spätkapitalismus ein ergiebiges Forschungsfeld versprechen.
17. Proceedings of the XXIII World Congress of Philosophy: Volume > 12
Stefania Achella Zu Jaspers’ Verständnis der Welt in der „Allgemeinen Psychopathologie“
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Im vierten Kapitel des ersten Teils der Allgemeinen Psychopathologie stellt Jaspers seine Analyse der sinnhaften objektiven Tatbestände vor. In diesem Abschnitt des Buches, der für die Ausgabe von 1946 stark erweitert wurde, konzentriert sich Jaspers auf die Analyse der Physiognomie, Mimik, Schreibanalyse und die Aspekte von (handwerklichen, literarischen, künstlerischen) Werken von psychisch Kranken. Er zeigt in diesem Zusammenhang, wie diese objektiven Ausdrucksformen hilfreich für das „Verstehen“ der subjektiven psychischen Phänomene sein können, unterstreicht aber auch die Grenzen dieser Methodik. In diesem Beitrag soll gezeigt werden, welche Bedeutung Jaspers in seinen methodischen Reflexionen über die körperlichen Ausdruckformen und deren Sinnhaftigkeit für das „Verstehen“ von psychischen Krankheiten zuspricht. Die sinnhaften, objektiven Tatbestände weisen für Jaspers auf die Komplexität der Konstitution der verschiedenen Beziehungen zur Welt hin, mit denen psychisch Kranke der Außenwelt begegnen.
18. Proceedings of the XXIII World Congress of Philosophy: Volume > 13
Jun Fukaya Die Frage nach dem Selbstsein in der grenzenlosen Kommunikation: die interkulturelle Philosophie und die kulturelle Identität Japans
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Im Jahr 1949 erschien Karl Jaspers’ Vom Ursprung und Ziel der Geschichte. Damals war die Welt im Zustand des Kalten Krieges. Unter diesen Umständen suchte er die Ursprünge der Weisheit der Menschheit. Infolgedessen hat er nicht nur an „die Achsenzeit“, sondern auch an die „Weltphilosophie“ gedacht, die nur durch Kommunikation gelingt, die auf einem globalen Bewusstsein basiert. Zudem trägt die Idee der Weltphilosophie zum Entstehen einer neuen Bewegung bei, die „Interkulturelle Philosophie“ genannt wird. Ihr Ziel ist Austausch beziehungsweise Kommunikation zwischen den kulturell und religiös unterschiedlichen Menschen. In diesem Beitrag geht es um die Erklärung der heutigen Bedeutsamkeit von Jaspers’ grenzenloser Kommunikation. Darüber hinaus wird der Begriff Selbstsein, das Voraussetzung für die Kommunikation ist, angesichts der interkulturellen Philosophie erläutert. Mein Beitrag besteht aus drei Teilen: Erstens wird erläutert, dass Jaspers’ Idee der Weltphilosophie eine große Rolle für die Grundlage der interkulturellen Philosophie spielt. Zweitens wird argumentiert, dass der Begriff der Kommunikation wesentlich von der europäischen Kultur hergeleitet ist. Drittens wird der Unterschied zwischen europäischen und japanischen Kulturen im Hinblick auf den Begriff des Selbstseins skizziert.
19. Proceedings of the XXIII World Congress of Philosophy: Volume > 13
Fatima Baydaeva Der moderne Mensch und die Welt in der existenzialen Verkürzung
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In diesem Artikel sind einige Aspekte der modernen geistigen Situation der Zeit für Russland und Europa analysiert von dem Standpunkt der existenzialen Philosophie. Verschiedene Räume der menschlichen Existenz sind mit dem Vektor der einheitlichen Zukunft der Menschheit verknüpft. Es wird angeboten mit der Stütze auf die Philosophie von Karl Jaspers sich an die Sinne der echten (authentischen) Existenz zu richten. Dementsprechend, betrachtet der Autor dieses Artikels die vorhandenen Probleme als eingewurzelte im Denken und in der Handlung des Menschen und als verlangende seine bewusste und kritisierende Verhaltung zu sich selbst und der Umgebung. Es ist eventuell, dass die erfolgreiche Entwicklung einiger Länder kein Vorbild für Andere und keinen Grund für das glückliche Leben des einzelnen Menschen macht. Die Ideen des deutschen Philosophen sind aktuell, weil der Mensch heute in einer Situation leben soll, die mehrmals unbestimmt ist. Es scheint, dass überhaupt nicht mehr einen Basis für die Verständigung der innerlichen Menscheninteresse gibt. Alles ist politisch geworden. Viele Denker meinten früher, alles soll existenziell sein, um das Leben in der Richtung zu dem Guten zu formieren. Jetzt sieht man, dass es oder zu spät geworden ist, etwas in der Welt zu ändern, oder die Menschen zu einem solchen Zeitpunkt noch nicht gekommen sind. K. Jaspers zeigte den Weg, in dem die Leute mit verschiedener Lebenssicht miteinander frei und unabhängig von eigenem “strategischen Interesse” sprechen und mit dem Nachdenken beginnen konnten. Es handelt sich bei ihm um den Weg vom “Grundwissen”, für jeden Menschen möglich. Als die Grundfrage des Lebens betrachtete K. Jaspers die Frage der Kommunikation zwischen den Menschen. Nach Jaspers kann ein Mensch frei sein nur in dem Masse, als der Andere neben ihm frei ist. Solche und ähnliche ganz einfache Wahrheiten sind heute zu kompliziert für Annehmen. Die Freiheit des Anderen ist kaum zu erfüllen: die meisten Leute sind bereit, eigene Freiheit zu opfern, um ihre Ruhe oder Unabhängigkeit von dem Anderen vollziehen. Die Entfremdung, wegen deren sich in den früheren Zeiten einen Kampf entfaltete, ist heute für etwas Positives geworden: der Mensch schützt heute seine, nach Jaspers “leere” Freiheit vom Anderen. Der Begriff “Die Wirklichkeit”, die so bedeutend für die ersten Vertreter der Existenzphilosophie war, ist heute ganz bewusst von dem Virtuellen besetzt. Der Mensch will seine Ruhe haben, auch so, dass er sich von den Anderen verbirgt, oder mit ihnen nicht als er selbst wirken will. Die Anderen sind nicht zu übernehmen. Irgendwelche anonyme Gewalt hat alles so geordnet, dass es keine Möglichkeit mehr entsteht, etwas zu verändern. Was bleibt dem einzelnen als Lebensziel? Sich zu bewahren. Jene Menschen, die sich Mühe geben, sich zu entwickeln, machen das nicht für Jemanden, sondern für sich selbst in der Entfremdung von den Anderen, nicht einmal meinend sie. Die Welt und der Mensch ändern sich stürmisch; oft scheint diese Welt nicht menschlich zu sein und nicht für den sich geistig entwickelnden Menschen. Solange aber der Mensch im Leben ist, hat er die Hoffnung und die Chance für eine Erneuerung. Vielleicht ist alles nicht besonders schlecht, und das Leben ist noch nicht unerträglich.
20. Proceedings of the XXIII World Congress of Philosophy: Volume > 14
Katsutoshi Kawamura Der Crusius’sche Freiheitsbegriff und seine Voraussetzungen
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Der Leipziger Pietist Chr. A. Crusius (1715-1775) setzt sich mit dem von Leibniz und Wolff festgelegten „Satz vom zureichenden Grund“ auseinander, nach dem nicht nur jedes Naturgeschehnis, sondern auch jede Handlung des Menschen a priori determiniert zu verstehen ist. Zunächst kritisiert Crusius die Vieldeutigkeit des Begriffs „Grund“, wo er zunächst zwischen „Realgrund“ und „Erkenntnisgrund“ unterscheidet, und weiterhin ersteren in „wirkende Ursache“ und „Existentialgrund“, und letzteren in „Erkenntnisgrund a priori“ und „Erkenntnisgrund a posteriori“ einteilt. Nach Crusius hat menschliche freie Handlung keinen eindeutig determinierenden Grund, sondern nur wirkende Ursache, die jeder seinerseits ablehnen kann. Crusius gründet seinen Freiheitsbegriff auf die Wahrscheinlichkeitslehre, nach der freie Handlungen wegen der Endlichkeit des Menschen nur a posteriori erkannt werden. In meinem Beitrag versuche ich zu zeigen, dass im Freiheitsbegriff von Crusius, der „Grundtätigkeit der Freiheit“, ein Muster der Vereinbarkeit von der empirisch orientierten Freiheit und dem Determinismus einzusehen ist.