Grazer Philosophische Studien

Volume 54, 1998

Richard Schanz
Pages 19-43

Pragmatismus zwischen Realismus und Antirealismus
Zur Wahrheitskonzeption von William James

William James's Konzeption der Wahrheit enthält sowohl realistische als auch antirealistische Elemente. Sie ist im wesentlichen das Resultat der Anwendung seiner pragmatischen Regel, des Kerns seiner Ansichten über Bedeutung, auf den Wahrheitsbegriff James' vorrangiges Ziel ist es, die Theorie der Wahrheit und die Theorie der Erkenntnis in einen engeren Zusammenhang zu bringen, als dies im Rahmen der klassischen Korrespondenztheorie geschehen ist. Dabei gelangt er zu der bahnbrechenden epistemologischen Einsicht, daß es möglich ist, den Fallibilismus mit einer antiskeptischen Grundeinstellung zu verbinden. In seiner berechtigten Kritik am traditionellen Mythos der Gewißheit schießt James jedoch über das Ziel hinaus: Er verwandelt Wahrheit selbst in einen epistemischen Begriff und nimmt ihre damit zwangsläufig einhergehende Relativierung in Kauf Dabei übersieht er, daß es durchaus möglich ist, den Fallibilismus mit einer absoluten Konzeption der Wahrheit zu verbinden.