Volume 37, 1990
Andreas Kemmerling
Pages 1-30
Gedanken und ihre Teile
Gemäß Freges Lehre bestehen Gedanken nicht aus Teilen, sie sind allerdings in Teile zerlegbar. Es gibt unterschiedliche Zerlegungen desselben Gedankens, die in allen objektiven Hinsichten gleichwertig sind. Freges einziges Identitätskriterium für Gedanken war sein Äquipollenzprinzip, demzufolge zwei simple Sätze denselben Gedanken ausdrücken, wenn sie unmöglich verschiedene Wahrheitswerte haben. Zerlegung von Gedanken ist für menschliche Erkenntnis unerläßlich, enthält aber ein Moment subjektiver Willkür. Die objektiven Zusammenhänge zwischen Sprache, Sinn und Bezug bestehen nur auf der Ebene unzerlegter Ganzheiten (Sätze, Gedanken, Wahrheitswerte). Freges semantische Lehre hat mit Quines Unbestimmüieitsthesen wesentliche strukturelle Gemeinsamkeiten.