Fichte-Studien

Volume 44, 2017

Fichte und seine Zeit

Martin Hähnel
Pages 289-305

›Natur als Erscheinung von Freiheit‹: Herkunft und philosophiehistorische Stellung von Fichtes Naturbegriff

This paper is referring to Fichte’s ambivalent notion of nature. For Fichte, nature is something that needs to be formed. This formability is an evidence of the imperfection, even depravity of an unformed and therefore unfree nature. Fichte seems to allude indirectly on Martin Luther and the Reformation tradition. Accordingly, nature – which is in itself evil or will become evil – is a state from which men had to step out. The affinity to Rousseau’s picture of nature is obvious. Finally, the article asks for the position of Fichte’s notion of nature in the philosophy of German Idealism. At a turning point Schelling tries to explain that nature is something that can be understood as a self-integrating concept. In dem Beitrag wird der Versuch unternommen, den vieldeutigen Naturbegriff Fichtes zu bestimmen. Es soll gezeigt werden, dass Fichte Natur vorrangig als etwas versteht, das »gebildet« werden muss. Diese Bildbarkeit zeugt, so die These, dabei von der Vorstellung einer depravierten, d. h. ungebildeten und damit auch unfreien Natur, wobei Fichte hier mutatis mutandis auf Luther und die reformatorische Tradition zurückzugreifen scheint. Dieser Traditionslinie folgend ist Natur etwas, das als an sich böse oder als böse geworden eingeschätzt wird, d. h. sie wird als ein Zustand bewertet, aus dem man zur Einlösung des Freiheitanspruches notwendigerweise heraustreten müsse. Hierbei wird u. a. auch die Nähe Fichtes zu Rousseaus Naturverständnis deutlich. Schließlich fragt der Beitrag nach dem generellen Ort von Fichtes Naturbegriff innerhalb der philosophischen Entwicklung des Deutschen Idealismus, die mit Schelling eine Kehrtwende erlebt, infolgedessen die Einkehr in eine eigentlich mit Hegel endgültig hinter sich gelassene Natur wieder möglich wird.