Fichte-Studien

Volume 43, 2016

Fichte und seine Zeit

Elena Alessiato
Pages 374-396

Fichte und die Reform des preußischen Heeres

At the beginning of the 19. century the call for a general reform of the State rose in Prussia: after the collapse of the German Empire in 1806, the need for reform became still more pressing. A fundamental part of this renovation process was the reform of the Prussian army, to which men like Clausewitz, the general von Scharnhorst, the war ministers von Stein and later von Boyen contributed. All they were convinced that a new way of making war was necessary for freeing Prussia from the French invader: only that the military reform should be founded on a spiritual renovation of the political and military life. In particular, a new conception of the soldier as human being and of the war as spiritual event should be established and trained by means of a new organization of the military forces and of the cultivation of a shared national feeling. The purpose of the present essay is to point out the position of Fichte towards both the problems connected to the war, the Napoleonic invasion and the crisis of the traditional State and the proposals formulated by the reform party in order to solve those problems. In this way it is possible to achieve a better comprehension of Fichte’s political thought in the last period of his life, the so called “national” period, by highlighting the correspondences existing between his thought and the political context of his time. Am Anfang des xix. Jahrhunderts stand Preu.en im Zentrum einer gewaltigen Reformbewegung, die jeden Bereich des staatlichen Lebens neu gestalten wollte. Nach dem Sturz des Reiches im Jahre 1806, als das Reformbedurfnis des Staates mit noch gro.erer Dringlichkeit empfunden wurde, erwarb die Reform des Heeres eine zentrale Stelle. Zu dieser trugen Personlichkeiten bei wie Carl von Clausewitz und der General von Scharnhorst in Zusammenarbeit mit den Ministern von Stein und spater Hermann von Boyen. Die ihrem Engagement zugrunde liegende Uberzeugung war es, dass eine neue Art der Kriegsfuhrung unausweichlich, jedoch nur auf der Basis einer neu gedachten Anthropologie zu verwirklichen sei. In dem Ma.e, in dem die Reformbewegung sich nicht auf eine verwaltungsorientierte Neugestaltung des Staates bzw. des Heeres beschrankte, sondern auf einer grundlegenden Erneuerung des nationalen Geistes beruhen sollte, muss sie in einen weiteren, nicht nur politischen, sondern in erster Linie geistigen, kulturellen und philosophischen Zusammenhang eingeordnet werden. Der vorliegende Beitrag setzt sich zum Ziel, die Stellung Fichtes im Zusammenhang der preu.ischen Reformbewegung hervorzuheben, mit der Absicht, die gegenseitigen Einflusse und die Ubereinstimmungen zwischen Fichtes politischen und padagogischen Ansichten einerseits und dem Reformgeist, seinen politischen Anspruchen und militarischen Vorschlagen andererseits klar herauszustellen.